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Published: 7-Jun-2012
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'Einfamilienhaus mit Garten, nicht schlecht, so wohnt Artur also' dachte ich, als ich meine Hand nach dem Klingelknopf ausstreckte. Noch erwartete ich nicht viel von diesem Höflichkeitsbesuch beim neuen Arbeitskollegen, ich rechnete mit einem langweiligen Abend und beschloss mich zu freuen, falls es wenigstens etwas zu lachen gäbe.
"Hier wohnt Familie Vögel-Frey" stand auf dem Klingelschild über vier Salzteigfigürchen, die andeuteten, dass außer Artur und seiner Frau ein Mädchen dazugehörte - der Name war schonmal ein Grinsen wert, obwohl er in der Firma natürlich schon für Gelächter gesorgt hatte, bevor Artur überhaupt seinen Dienst angetreten hatte. Ich seufzte und drückte den Knopf, "Ding-Dong", und ahnte nichts von den Qualen, die ich in den nächsten Stunden würde aushalten müssen, bevor der Abend eine überraschende Wendung nehmen und meine kühnsten und heimlichsten Träume in Erfüllung gehen sollten.
Aber der Reihe nach. Artur und ich arbeiten in, nennen wir es mal, der Werbebranche im weitesten Sinn. Ich sorge für Ordnung in all dem kreativen Chaos, Artur ist Grafikdesigner, das heißt heutzutage ja nicht mehr viel, und nachdem wir genug über seinen Namen gespottet hatten, waren sich alle Kollegen schnell einig: der neue Mitarbeiter, ruhig, in sich gekehrt, kontaktscheu, ist ein seltsamer Vogel. Ich machte keine Anstalten, ihn näher kennenzulernen, ich bin nämlich auch einigermaßen seltsam und kontakscheu, aber dann trafen wir uns zufällig in der Mittagspause auf dem Weg zu einem der auf uns Bürotypen spezialisierten Bistros im Viertel. Als wir schonmal zusammen die Speisekarte studierten, aßen wir natürlich auch zusammen, und siehe da, Artur war ein ziemlich erträglicher Mensch. Nicht gerade ein Plappermaul, aber es war angenehm, dass wir nicht krampfhaft über die Arbeit redeten, obwohl sich dieses Thema nach wenigen Sätzen erschöpft (die anderen reden über nichts anderes und haben endlose Ausdauer).
Im Nachhinein denke ich, er hat mich durchschaut, als wir auf dem Rückweg an einer Schulklasse vorbeikamen. Ich halte meine Art, die Mädchen aus dem Augenwinkel zu betrachten, für durchaus unauffällig, aber Artur wusste wohl ab dem Moment über mich bescheid. Jedenfalls verbrachten wir ein paar Tage später wieder gemeinsam die Mittagspause, und bei der Gelegenheit lud er mich zum Abendessen bei sich zuhause ein. So sympathisch er mir war, das schien mir doch ein bisschen aufgesetzt, zweimaliges Lasagneessen und Schweigen machte uns ja noch lange nicht zu besten Freunden, und ich kann es gar nicht leiden, wenn jemand sich aus lauter Mitleid berufen fühlt, meinen einsamen Junggesellenfeierabend mit einer Runde Familienleben aufpeppen zu müssen. Als ich zögerte, sagte er: "Meine Tochter würde sich riesig freuen." In dem Moment kam ich überhaupt nicht dahinter, wie er das meinte, aber unbeabsichtigt sprach er mein Mitleid an: wenn es darum geht, freudlosen Mädchen eine Freude zu machen, kann ich schlecht nein sagen. Trotzdem sagte ich vor allem deswegen zu, weil mir keine Ausrede einfiel.
Und nun öffnete Artur also die Tür. Er war, wie ich, Anfang vierzig und von normaler, schlanker Statur. Unauffällige Typen, Artur und ich. Als nächstes gesellte sich seine Frau zu ihm, die er mir als seine Jugendliebe Carola vorstellte. Wenn Artur unauffällig war, dann war Carola vollkommen unscheinbar, aber sie hatte ein gewinnendes Lächeln (und, wie sich später rausstellte, ein echtes Händchen für Teigtaschen und Nudelsalat, aber das nur nebenbei). Auf der Veranda hatte Artur den Grill in Gang und drückte mir ein Glas Wein in die Hand. Und dann lernte ich Lena kennen!
Sie war zwölf oder dreizehn und die absolute Wucht. Schlanke, gerade, muskulöse Beine, schmale Hüften, ein hübsches Gesicht mit einer entzückenden, kleinen Nase voll Sommersprossen, dunkle Haare mit frechem Kurzhaarschnitt und Seitenscheitel. Mit klaren, braunen Augen sah sie mich an, verführerisch ist das falsche Wort, sie war so unwiderstehlich, dass mein Herz raste und mein Penis in die Höhe schnellte. Ihr Lächeln war so bezaubernd, dass es eine ganze Kompanie blutrünstiger Soldaten in die Knie gezwungen hätte, ich hielt mich mühsam aufrecht und gab ihr brav die Hand. Oh Wunder! Ihre zarte, verwundbare, samtweiche Hand elektrisierend in meiner zu spüren, gab mir den Rest. Ich schnappte nach Luft. Da hatte ich das Beste noch gar nicht so richtig betrachtet: Sie trug Shorts und ein schulterfreies Top, das ihren Bauchnabel freiließ und unter dem sich kegelförmig ihre kleine Tittchen abzeichneten. Sie war barfuß, und ihre Fußnägel waren blau lackiert. Ich bin sicher, dass ich trotz aller Bemühungen, mich irgendwie zusammenzureißen, meinen Blick nicht mehr von ihr abwandte, wie sie hüftwackelnd den Tisch deckte und fröhlich über den kleinen Rasen hüpfte, und bestimmt fing ich an zu sabbern in dem Moment, als ich sie sah. Ich hatte keine Augen für die sicherlich geschmackvolle Einrichtung und die vermutlich tollen Bilder an der Wand, ich lobte den schönen Garten, ohne auch nur einen kurzen Seitenblick auf die Rosen geworfen zu haben, die Carolas ganzer Stolz sein mochten oder auch nicht. Es gab nur noch Lena, die ganze Welt war mir egal, es ging ausschließlich um Lena. Artur servierte mir Würstchen und Steak vom Grill, Carola Salate und Teigtaschen, das war alles köstlich wie auch der Wein, und mechanisch lobte ich das Essen, mechanisch stopfte ich es in mich hinein, aber was mich ausschließlich interessierte war dieses unübertrefflich hübsche Mädchen, das mir da gegenüber saß. Ich war verliebt in ihr Gesicht. Verliebt in die Art, wie sie aß. Verliebt in ihr Lächeln. Verzweifelt suchte ich nach Fragen, die ich ihr stellen konnte, ohne dass es der gleiche Blödsinn war, den jeder erwachsene Gast von sich gäbe, Schule, Jungs, Justin Bieber und Sportverein schieden also aus. Artur half mir aus der Klemme, aber wahrscheinlich musste er mich ein Dutzendmal ansprechen, bis ich ihn wahrnahm, so sehr blendete ich alles außer Lena aus.
"Lena hat sich richtig gefreut, dass du kommst" vernahm ich endlich und konnte sie also mit krauser Stirn fragen: "Warum denn das?"
"Och" verkündete sie schmatzend und grinste mich zwischen zwei Bissen von ihrem Würstchen an, "Papa hat versprochen, dass du mir gefällst. Und..."
Sie aß weiter, als hätte sie seit Tagen nichts mehr bekommen, und ich fragte mich, was das alles zu bedeuten hatte.
"...und ich hätte so gerne wieder einen erwachsenen Freund. Früher..."
Schmatz Schmatz. Carola füllte mein Weinglas auf. Ich sabberte, meine Erektion drückte in der Jeans, ich nahm einen ordentlichen Schluck und spießte Nudelsalat auf die Gabel, ohne sie zum Mund zu führen.
"...also wo wir vorher gewohnt haben, hatten wir einen Nachbarn. Karl. Der war mein Freund. Der hatte immer Zeit für mich, hat mir mit den Schulaufgaben geholfen, und dem konnte ich alles erzählen, was meine Eltern nicht wissen durften. Naja, sie haben es dann vielleicht trotzdem erfahren, aber so, dass sie nicht sauer waren."
Bildete ich mir das ein, oder wickelte sich ihre schmale Zunge in höchst erotischer Weise um ein weiteres Würstchen, bevor sie es mit knackendem Geräusch mit ihren strahlend weißen Zähnen platzen ließ? Mir brach der Schweiß aus. Vor meinem geistigen Auge sah ich Lena nackt in meinem Wohnzimmer, sich auf dem Sofa räkelnd, vor mir kniend mit meinem Penis in ihrem fröhlichen Kindermund. Ich hielt es kaum aus, und dann besann ich mich darauf, dass das alles wohl keine gute oder jedenfalls keine realistische Idee wäre, und versuchte mir statt dessen vorzustellen, wie ich ihr Algebra erklärte und Englischvokabeln mit ihr lernte, was mir vor allem deswegen schwer fiele, weil ich ihr dabei auf jeden Fall permanent in den Ausschnitt glotzen würde. Eine Katastrophe. Irgendjemand, es mag Carola gewesen sein, reichte mir ein Taschentuch, mit dem ich mir die Stirn abtupfte.
"Was sage ich nur? Was sage ich nur?" drehten sich meine Gedanken im Kreis, bis Artur das Thema wechselte und fragte, ob ich mich für Fußball interessiere, und nach kurzer Zeit waren er und Lena und ich beim Fachsimpeln über die Stärken von Borussia Dortmund und die Schwächen von Bayern München und dem FC Barcelona. Familie Vögel-Frey kam aus Augsburg, Artur hatte früher immerhin in der dortigen zweiten Mannschaft gekickt, und Lena spielte auch Fußball, neuerdings beim SC Victoria. Für kurze Zeit lenkte mich das ab von meinen Qualen, meiner grenzenlosen Gier nach ihrem Körper, meiner Erektion, meinem Sabbern, meinem Drang, meine Sandalen auszuziehen und unter dem Tisch mit den Zehen Kontakt zu ihren Füßchen zu suchen, aber dann törnte mich die Vorstellung einer Lena im Fußballdress, die kurz vor Schluss das entscheidende Tor im Pokalfinale schießt und anschließend mir, ihrem größten Fan, jubelnd in die Arme fällt, wieder richtig an. Ich merkte, wie schwer mein Atem ging. Ich hatte, das erwähnte ich wohl schon, Übung darin, unauffällige Blicke auf kleine Mädchen zu werfen. Ich nahm jedes Detail ihrer erotischen, kleinen Körper auf, trug es nachhause, und verbrachte den Abend onanierend mit diesem Bild vor Augen. Das war mein Sexualleben.
Aber es war etwas völlig anderes, stundenlang in Anwesenheit ihrer braven, biederen Eltern Lena gegenüberzusitzen. Sie war zum Greifen nah und ahnte, ich war mir immer noch sicher, nichts von den Gelüsten, die sie in mir weckte. Sie erzählte, wie sie vor zwei Wochen tatsächlich das entscheidende Tor im Pokalfinale erzielt hatte, und ich fragte mich, ob sie wohl schon Schamhaare hatte. Sie berichtete von dem anschließenden Jubel und wie sie sich auf dem Platz mit Mara geküsst hatte, die die Vorlage gegeben hatte, und ich sah mich schon im Bett mit Lena und Mara, und die ganze Zeit hoffte ich, dass Artur und Carola keine Ahnung hatten, was in mir vorging.
Dann spürte ich Lenas Zehen auf meinem Fuß. Es war wie ein elektrischer Schlag, meine Nackenhaare sträubten sich, und ich fühlte mich, als sei ich gestorben und im Himmel gelandet. Als ich ihr freches Grinsen sah, katapultierte mich das über den Himmel hinaus in die endlosen Weiten des Universums. Als sie ihren anderen Fuß in meinen Schoß legte, war ich kurz davor, zu kommen, und als nächstes rechnete ich damit, dass sie mir ihr Zimmer zeigen würde, wo wir uns ausziehen würden und so weiter, aber so einfach war es dann auch wieder nicht. Carola hatte es plötzlich mächtig eilig, Lena ins Bett zu bringen, schließlich war morgen Schule, und nachdem sie sich augenzwinkernd verabschiedet hatte, blieb ich mit Artur allein auf der Veranda. Er drückte mir eine Zigarre in die Hand und zündete sich selbst eine an, und so saßen wir da, schweigend, rauchend, Wein trinkend und erotisiert. Ich spürte seine Blicke, die fragten "Und - was hältst du von ihr?", aber das schien mir so abwegig, und niemals hätte ich mich getraut zu fragen, ob er etwas dagegen hat, wenn ich eine Nacht mit seiner kleinen Tochter verbringe, also konzentrierte ich mich darauf, tief durchzuatmen und meinen Puls zu beruhigen. Insgeheim wünschte ich, und völlig ausgeschlossen schien es mir nicht mehr, dass er mir seine Tochter als Geliebte anbieten würde, aber statt dessen erkundigte er sich, ob es denn geschmeckt hätte, und bald leitete ich meinen Abschied ein. Und da fragte er plötzlich nach meiner Handynummer, um sie Lena zu geben, und falls sie sich jemals bei mir melden würde, nur mal angenommen, sollte ich auf jeden Fall an Kondome denken, sie hätte nämlich gerade zum ersten Mal ihre Tage.
Ich keuchte. Mit weit aufgerissenen Augen starrte ich Artur an. Ich überlegte, was er in Wirklichkeit gesagt haben könnte anstelle von dem, was ich gehört hatte. Doch er legte mir vertraulich den Arm um die Schultern und sagte laut und deutlich und ohne jeden Zweifel: "Keine Sorge, du gefällst ihr, sie meldet sich bestimmt." Ich war zu verwirrt, um zu fragen, was das alles zu bedeuten hatte, oder was es kostete, oder ob er verrückt geworden sei. Ich dankte für den schönen Abend und eilte nachhause, in mein Bett, wo ich hemmungslos onanierte, bis kein Tropfen Sperma mehr kam und der Schlaf mich übermannte.
Am nächsten Tag auf der Arbeit ging alles komplett schief. Wenn jemals ein Mensch unkonzentriert war, so richtig vollständig unkonzentriert, dann ich an jenem Tag. Und immer wieder sah ich im Augenwinkel Arturs freches Grinsen, wenn ich mal wieder einen Stapel Papierkram hatte fallenlassen, oder der Reißwolf blockierte, weil ich den ganzen Ordner reinzustopfen versuchte, anstatt seinen ausgehefteten Inhalt, oder als hinter mir fünf Kollegen sich vor Lachen bogen, weil ich unter dem Betreff "Mahnung" und der Anrede "Sehr geehrte Damen und Herren" zeilenweise "Lena Lena Lena Lena Lena Lena Lena Lena Lena Lena" geschrieben hatte.
Die SMS kam am Nachmittag. "Wo wohnst du wann hast du Zeit ich will dich besuchen krieg ich ein Nacktfoto? Lena."
Das mit dem Foto erschien mir reichlich heikel, aber am Abend schraubte ich die Kamera aufs Stativ und posierte, dann schickte ich ihr per MMS ein Bild und erwartete, nervös auf mein Handy starrend, ihre Antwort. Sie kam kurz vor neun.
"Süßer Pimmel. Ich besuch dich morgen Abend, ok?"
marcory
Hulie
Gruß, Hulie
max
ppixie
PoPilot
Aber ich bewundere vor allem deine kraftvollen Bilder, wie zum Beispiel:
...Ihr Lächeln war so bezaubernd, dass es eine ganze Kompanie blutrünstiger Soldaten in die Knie gezwungen hätte,...
oder
...Als ich ihr freches Grinsen sah, katapultierte mich das über den Himmel hinaus in die endlosen Weiten des Universums...
Das ist ganz große Schreibkunst und einfach wunderschön! Und wie du Realität und Traumwelt ineinander übergehen lässt, macht den Text komplex und spannend.
Ich bin auf jeden Fall dein Fan!
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