„Hey, ihr Idioten, seid ihr bescheuert?!“
Ich hatte einen Karton aus dem Kofferraum meines Wagens geholt und drehte mich gerade wieder zum Bürgersteig, als diese beiden Volltrottel mit ihren Fahrrädern angesaust kamen. Der vordere der beiden Rowdys streifte mich leicht, wodurch ich etwas die Balance verlor. Während mir der Karton aus den Händen glitt und auf den Boden fiel – Gott sei Dank war nichts Zerbrechliches drinnen –, sah ich aus den Augenwinkeln, wie der Blödmann mitsamt seinem Rad aufs Pflaster knallte. Es schepperte, dann ein Schmerzensschrei.
Sein Freund hatte sein Rad gerade noch mit quietschenden Reifen zum Stehen gebracht, nahm seine Kopfhörer ab, aus der laute Musik zu hören war, und sah mich nun zornig an.
„Können Sie nicht aufpassen?!“
„Seid ihr bekloppt? Wer brettert denn hier wie die Idioten auf dem Bürgersteig längs? Wenn ihr keine Augen im Kopf habt, solltet ihr lieber auf Dreirad umsteigen! Und dass man die Dinger nicht im Straßenverkehr auf hat“, ich deutete auf die Kopfhörer, „solltest du eigentlich mittlerweile auch wissen. Ich bringe es meinen Schülern jedenfalls schon in der Grundschule bei.“
„Sie sind Lehrer?“
„Allerdings. Was dagegen?“
Der Junge muffelte irgendetwas vor sich hin, das ich nicht verstand, was wohl auch besser war. Für einen Moment sah ich ihn mir etwas genauer an. Braun gebrannt – die Sommerferien neigten sich dem Ende entgegen –, als Kontrast dazu blondes langes Haar, das die Ohren bedeckte, was ihm ein leicht feminines Aussehen gab. Geschätzte 12 bis 14 Jahre, schwer zu sagen in dem Alter. Auf jeden Fall: Süß! Eine ultimative Sahneschnitte, wie man sie in dem Alter unter Jungs leider nur sehr selten findet.
Dann widmete ich mich meinem „Unfallgegner“. Äußerlich war er das genaue Gegenteil seines Freundes: schwarze, wuschelige Haare, die einen großen Teil seiner Stirn bedeckten. Auch er eine bronzefarbene Haut, allerdings schien er mir vom Typ her eher dunkelhäutiger zu sein.
„Solltest vielleicht mal zum Friseur gehen“, konnte ich mir nicht verkneifen zu sagen.
Der Junge schien diese Spitze überhört zu haben, war er doch mit seinem lädierten Knie beschäftigt, aus dem etwas Blut tropfte. Auf den ersten Blick sah ich weitere Abschürfungen an Beinen und Armen. Sicherlich kein Vergnügen, in voller Fahrt auf die Steine zu knallen.
„Hast du dir was gebrochen?“ schob ich denn auch gleich hinterher, aber der Schwarzhaarige schüttelte den Kopf.
„Das brennt nur so verdammt!“ presste er hervor, wobei er tapfer die Tränen zu unterdrücken versuchte, was ihm aber nicht gelang.
„Kannst ruhig heulen, ist doch normal“, versuchte ich ihn zu beruhigen. „Wäre bei deinem Kumpel bestimmt nicht anders.“
Ich drehte mich zu dem Blondschopf und bedeutete ihm, mir zuzustimmen. Er verstand sofort.
„Ja, nee, logisch. Tut bestimmt höllisch weh.“
Ich nickte ihm unmerklich zu und lächelte ihn an. Er lächelte zurück und ich glaubte fast zu zerschmelzen. Vorsichtshalber wandte ich mich schnell wieder dem „Unfallopfer“ zu.
„So, nun komm mal her, ich helf dir.“ Ich zog den Schwarzen hoch und sah mir die Blessuren an. „Also, wenn ihr wollt, könnt ihr kurz mit reinkommen, ich wohne hier. Dann kannst du dir die Wunden säubern, eh da noch Dreck rein kommt. Bist du gegen Tetanus geimpft?“
Der Junge sah mich verständnislos an.
„Egal“, winkte ich ab, und zu dem Blonden gewandt: „Die Fahrräder kannst du da hinstellen. Und wenn du so lieb bist und mir den Karton mit reinträgst.“
„Okay, mach ich. Was ist denn da drin?“
„Nichts für kleine Jungs“, grinste ich.
„Ich bin kein kleiner Junge.“
„Dafür schon“, entgegnete ich mit einem bewusst zweideutigen Unterton. Dann schnappte ich mir den Schwarzhaarigen, der tatsächlich Mühe hatte zu laufen, während sein Freund die Räder beiseite stellte. „Parterre links“, sagte ich zu ihm und verschwand mit dem Schwarzen im Haus.
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Was passiert dort? Und was mag wohl in dem Karton sein? Fortsetzung folgt, sofern gewünscht.
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